Geschlechtergerechte Gesellschaft als Ziel

Die Partei Bündnis 90/Die Grünen setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit ein. So heißt es im Grundsatzprogramm von 2020: „Unser Ziel ist die geschlechtergerechte Gesellschaft, Feminismus der Weg dorthin.“ Geschlechtergerechte Sprache wird zwar nicht programmatisch festgeschrieben, jedoch als Bestandteil einer geschlechtergerechten Politik verstanden, die zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft beiträgt.

Geschlechtergerechte Sprache in Anträgen an die Bundesdelegiertenkonferenz (BDK)

Bündnis 90/Die Grünen versuchen durch Verwendung der geschlechtergerechten Sprache mit gutem Beispiel voranzugehen. So wurde auf der 39. Ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz Halle, 20.-22. November 2015 mit großer Mehrheit der Beschluss gefasst, bei Anträgen an die BDK geschlechtergerechte Sprache zu verwenden.

Begründet wird dies im Beschlusstext wie folgt: „BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwenden geschlechtergerechte Sprache, weil Sprache durch ihren großen Einfluss auf unser Denken und unsere Wahrnehmung die Gesellschaft mit formt. Wer nur von ‚Ärzten‘, ‚Anwälten‘ und ‚Experten‘ spricht, fördert indirekt die Vorstellung, nur Männer seien gemeint. Das kann in Perzeptionsstudien nachgewiesen werden. Mit einer solchen Sprachwahl wird entsprechend auch das Denken über Geschlechter nachhaltig bestimmt. Um

beide Geschlechter gleichberechtigt in der Sprache sichtbar zu machen, reden wir beispielsweise von Ärztinnen und Ärzten.“

Weil es verschiedene Formen geschlechtergerechter Sprache gibt, konkretisieren Bündnis 90/Die Grünen: „Um sicherzustellen, dass alle Menschen gleichermaßen genannt und dadurch mitgedacht werden, wird in unseren Beschlüssen ab jetzt der Gender-Star benutzt. Transsexuelle, transgender und intersexuelle Personen werden so nicht mehr unsichtbar gemacht und diskriminiert. Durch den Gender-Star werden somit Menschen mit einbezogen, die sich nicht in ein binäres System der Geschlechter einordnen können oder wollen und es wird (Selbst-)Definitionen Raum gegeben.“

Leitfaden zur geschlechtergerechten Sprache

Wie Bündnis 90/Die Grünen geschlechtergerecht formulieren, kann einem Leitfaden entnommen werden. Im Leitfaden wird deutlich gemacht, dass es bei der geschlechtergerechten Sprache nicht um eine ritualisierte Stilübung in Political Correctness gehe, sondern darum, dem eigenen Anspruch, Geschlechtergerechtigkeit als grünes Markenzeichen selbstverständlich auch zu leben, gerecht zu werden. Außerdem werde so die Sicht von Bündnis 90/Die Grünen auf die Geschlechterverhältnisse auch sprachlich

zum Ausdruck gebracht.

Es gehe um einen bewussten Umgang mit Sprache. Dabei sollten alle Texte aber nicht nur auf geschlechtergerechte Sprache, sondern auch auf geschlechtergerechte Inhalte geprüft werden.

Gebrauch geschlechtergerechter Sprache

Bündnis 90/Die Grünen machen im Leitfaden deutlich, dass Sprache lebendig und individuell sei und auch so genutzt werde. Um geschlechtergerecht zu formulieren, kämen grundsätzlich mehrere Möglichkeiten in Betracht: die Verwendung des Gender-Stars, die Feminisierung und die Neutralisierung. In der Praxis sei eine Mischung aller Möglichkeiten üblich, da eine konsequente Feminisierung oft nicht durchgehalten werde, aber auch nicht immer neutrale Zuschreibungen existierten.

Bündnis 90/Die Grünen bevorzugen es, alle Geschlechter sprachlich sichtbar zu machen. Daher verwenden sie im Regelfall den Gender-Star. Darüber hinaus könne auch die weibliche Form mit genannt werden (Feminisierung) oder mittels Partizipien geschlechtsneutral formuliert werden. Die Feminisierung lasse jedoch nicht erkennen, dass es neben Männern und Frauen auch noch andere Geschlechter gibt. Bei der Aneinanderreihung der weiblichen und männlichen Form solle darauf geachtet werden, kein Geschlecht überproportional oft an erster Stelle zu nennen. Geschlechtsneutrale Formulierungen seien zwar geschlechtergerecht, trügen jedoch nicht dazu bei, Frauen und andere Geschlechter sichtbarer werden zu lassen. Ständige Neutralisierungen seien folglich nicht das geeignete Mittel, die Teilnahme von Frauen in Politik, Gesellschaft, Wissenschaft und Alltag zu signalisieren, oder Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen, anzusprechen.

Auch auf sprachliche Zweifelsfälle gehen Bündnis 90/Die Grünen ein. So gendern Bündnis 90/Die Grünen laut Beschlusstext grundsätzlich in allen Wörtern, jedoch nicht zweimal in einem Wort. Es sei also „Verbraucherschützer*innen“ statt „Verbraucher*innenschützer*innen“ zu schreiben. Außerdem gendern Bündnis 90/Die Grünen nur dann, wenn es um Personen geht. Folglich solle es „Investorstaatsklagen“ statt „Investor*innenstaatsklagen“ heißen.i

i Vgl. https://cms.gruene.de/uploads/documents/BDK15_Geschlechtergerechte_Sprache-1.pdf; https://cms.gruene.de/uploads/documents/Antraege-BDK-Sprache-_Handreichung.pdf; https://cms.gruene.de/uploads/documents/20200125_Grundsatzprogramm.pdf (jeweils aufgerufen am 20.12.2022).