Wenn seitens der Mutter bzw. der Eltern ein Abbruch der Schwangerschaft verworfen wird, aber die Austragung des Kindes familiäre Probleme mit sich bringt oder das Kind unerwünscht ist, kann das Kind in andere Hände gegeben werden. Über Adoption, Pflege oder vertrauliche Geburt kann das Kind ein neues Zuhause finden. Eine solche Lösung rettet das Leben des Kindes. Sie kann bei dem Kind aber auch existenzielle Fragen aufwerfen und zu einer psychischen Belastung führen. Auch muss eine ausreichende Zahl (geeigneter) Adoptiveltern und Pflegefamilien zur Verfügung stehen. Die negativen Erfahrungen des weggegebenen Kindes, die Existenzfragen und psychische Belastung können das familiäre Zusammenleben im neuen Zuhause herausfordern und auch beeinträchtigen.
Die Adoption
Bei der Adoption wird das verwandtschaftliche Verhältnis zu den leiblichen Eltern aufgelöst und ein neues verwandtschaftliches Verhältnis zu den sozialen Eltern besiegelt. Die Adoptiveltern sind sorgeberechtigt und für den Unterhalt des Kindes verantwortlich.
Es ist zwischen der offenen, halboffenen und Inkognito-Adoption zu unterscheiden. Bei der offenen Adoption kennen sich die leiblichen Eltern und die Adoptiveltern und stehen in dauerhaftem Kontakt miteinander. Bei der halboffenen Adoption könne die leiblichen Eltern die Adoptiveltern auf neutralem Boden kennenlernen. Auch der Kontakt über Briefe und Fotos sind möglich. Die Kontaktaufnahme wird über das Jugendamt oder eine Agentur vermittelt. Bei der Inkognito-Adoption dürfen die leiblichen Eltern einige Daten der Adoptiveltern (Alter, Beruf usw..) erfahren und bei der Auswahl dieser mitentscheiden. Sie erfahren jedoch weder die Adresse noch den Namen der Adoptiveltern. Bei dem Jugendamt können sie sich über das Wohl des Kindes informieren.i
Bei Adoptivkindern können im Laufe des Lebens, insbesondere auch in der Pubertät, existenzielle Fragen auftauchen: Wer bin ich? Wer sind meine Eltern? Wie bin ich entstanden (Vergewaltigung?)? Warum hat mich meine Mutter weggegeben? Diese Fragen können zu Identitätskrisen führen und für die Adoptiveltern zu einer Herausforderung werden.ii
Die Pflege
Adoption und Pflege haben gemeinsam, dass ein fremdes Kind in eine neue Familie kommt. Im Gegensatz zu Adoptivkindern bleiben Pflegekinder jedoch gesetzlich Kinder ihrer leiblichen Eltern. Anders als Adoptiveltern erhalten Pflegeeltern also nicht das Sorgerecht für das ihnen anvertraute Kind. Sie sind lediglich Vertragspartner des Jugendamtes und erbringen eine Dienstleistung für die leiblichen Eltern, die ihr Kind aus verschiedenen Gründen nicht selbst versorgen können. Die leiblichen Eltern haben ein Recht auf regelmäßigen Umgang mit dem Kind.
Adoptiveltern haben Anspruch auf Elternzeit, Elterngeld, Kindergeld und Leistungen der eigenen Krankenkasse. Pflegeeltern dagegen haben Anspruch auf finanzielle Unterstützung in Form von Pflegegeld. Außerdem haben sie Anspruch auf fachliche Hilfe und Begleitung durch das Jugendamt.
Etwa 60 % der Kinder bleiben dauerhaft in ihrer Pflegefamilie. Die restlichen 40 % kehren entweder in ihre Herkunftsfamilien zurück oder ziehen – insbesondere als Teenager – in betreute Wohngruppen. Oftmals bleibt der Kontakt zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern nach der räumlichen Trennung erhalten.
Für Pflegekinder kann die Trennung von den leiblichen Eltern eine traumatische Erfahrung sein. Auch haben sie oft schlechte Erfahrungen mit ihren eigenen Eltern gemacht, wurden misshandelt oder vernachlässigt. Die Folge können mangelndes Vertrauen in fremde Menschen, zu denen zunächst einmal auch die Pflegeeltern gehören, und Bindungsprobleme sein. Bindungsprobleme können in einer Abkapselung des Kindes, aber auch in allzu großer Anhänglichkeit zeigen. Letztere kann dazu führen, dass sich die Pflege nur schlecht mit der Berufstätigkeit vereinbaren lässt. Dies ist einer der Gründe, weshalb es an Pflegefamilien mangelt. Weitere Gründe sind, dass Kontakte mit dem Jugendamt und der Herkunftsfamilie toleriert werden müssen und die finanziellen Leistungen oftmals nicht ausreichen.iii
Die vertrauliche Geburt
Eine Schwangere kann sich in einer dermaßen konflikthaften Lebenssituation befinden, dass sie ihre Schwangerschaft und Mutterschaft geheim halten möchte. In einem solchen Fall kann sie sich für eine vertrauliche Geburt entscheiden. Sie hat dann die Möglichkeit, das Kind mit professioneller medizinischer Hilfe zur Welt zu bringen. Dabei wird der Wunsch nach einer Nichtbekanntgabe der persönlichen Daten der Mutter berücksichtigt und gleichzeitig werden die medizinischen Gefahren einer unbegleiteten Geburt vermieden.
Nach der vertraulichen Geburt wird das Kind in die Obhut des Jugendamtes gegeben und in einem Adoptionsverfahren an neue Eltern vermittelt. Die persönlichen Daten der Mutter, deren Sorgerecht für das Kind ruht, werden einmalig und sicher hinterlegt und können nur von ihrem Kind im Alter von frühestens 16 Jahren eingesehen werden. Die Mutter wird auch nach der Geburt von der Schwangerenberatungsstelle beraten und unterstützt. Oftmals gelingt es dank der professionellen Hilfe, neue Perspektiven und Sichtweisen zu entdecken. Auch nach er Abgabe des Kindes kann sich die Mutter noch für ein Leben mit dem Kind entscheiden. Dazu muss sie bis zum zum Adoptionsbeschluss, der in der Regel nicht früher als ein Jahr nach der Kindesabgabe erfolgt, gegenüber dem Familiengericht ihre Anonymität aufgeben. Außerdem darf das Wohl des Kindes nicht gefährdet werden.
Bei der anonymen Entbindung kann die Mutter ihre Identität auch noch weiter schützen. Für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes ist jedoch wichtig, dass es Informationen über seine Herkunft und über die Hintergründe seiner Abgabe erhält. Das Kind soll davor bewahrt werden, in Ungewissheit über seine Abstammung leben zu müssen.
Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Geburt sowie der Vor- und Nachsorge entstehen, trägt der Bund. Auch die umfassende Beratung ist für die Schwangere völlig kostenfrei. Wenn sich die Mutter dazu entschließt, ihre Anonymität nach der Geburt aufzugeben, kann der Bund die von ihm übernommenen Kosten von der Krankenversicherung zurückfordern. Für die Mutter entstehen aber auch hierbei keine Kosten.iv
i Zur Adoption siehe https://www.eltern.de/familie_erziehung/familienleben/adoption_was_ist_das.html ; https://kaleb.de/adoption-statt-abtreibung/ ; http://www.pro-leben.de/abtr/adoption.php (jeweils aufgerufen am 22.02.2022).
ii Vgl. http://www.adoptivaktiv.de/was-sind-adoptionsprobleme/ (aufgerufen am 22.02.2022).
iii Zum Unterschied zwischen Adoption und Pflege siehe https://www.eltern.de/familie_erziehung/familienleben/adoption_was_ist_das.html (aufgerufen am 22.02.2022); zur Pflege siehe https://www.emotion.de/pflegekind (aufgerufen am 22.02.2022); speziell zu möglichen Problemen mit Pflegekindern siehe https://www.schwangerschaft.at/die-haeufigsten-probleme-mit-pflegekindern/ ; https://www.aerzteblatt.de/archiv/205284/Pflegekinder-Vielfaeltige-Herausforderungen (jeweils aufgerufen am 22.02.2022).
iv Ausführlich zur vertraulichen Geburt siehe Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Die vertrauliche Geburt: Informationen über das Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und für Regelungen zur vertraulichen Geburt, 4. Aufl., Berlin 2015, knapper https://kaleb.de/vertrauliche-geburt-statt-abtreibung/ (aufgerufen am 22.02.2022).