Bei einem Vulkanausbruch werden große Mengen vulkanische Gase ausgestoßen. Das häufigste vulkanische Gas ist Wasserdampf (H2O). Hinzu kommen Kohlendioxid (CO2), Schwefeldioxid (SO2) und untergeordnet auch Kohlenmonoxid (CO), Salzsäure (HCl), Wasserstoff (H2) und Schwefelwasserstoff (H2S), wobei die anteilige Zusammensetzung der Gase variieren kann.i
Man sollte meinen, dass die Atmosphäre durch eine Explosion dampfend heißer Lava und Gase erwärmt wird. Wissenschaftliche Ergebnisse deuten aber auf das Gegenteil hin. Bei Vulkanausbrüchen wird zwar Kohlendioxid freigesetzt, das die Erde bekanntermaßen erwärmt, aber tendenziell ist der Effekt auf das Klima ein abkühlender. Die Wirkung von Vulkanausbrüchen ist aber keinesfalls immer klar, wie der Ausbruch des unterseeischen Vulkans Hunga Tonga im Südpazifik beweist.
Ausstoß von Treibhausgasen
Kohlendioxid ist ein Gas, das einen erheblichen Beitrag zur Klimaerwärmung leistet. Vulkanausbrüche setzen große Mengen Kohlendioxid frei, das den Treibhauseffekt verstärkt. Umstritten ist, inwiefern die Mengen klimarelevant sind. Über die letzten 10000 Jahre hinweg sind die Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre im Großen und Ganzen gleich geblieben. Erst seit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert steigen die Konzentrationen stark an. Das weist darauf hin, dass der Anstieg in erster Linie durch die Verbrennung fossiler Energieträger verursacht ist und nicht durch Vulkanausbrüche. Seit dem 19. Jahrhundert ist keine merklich gestiegene Vulkanaktivität zu verzeichnen. Zwar gibt es auch untermeerische Vulkane und der untermeerische Vulkanismus mag viel verbreiteter sein als heute bekannt, jedoch ist sehr unwahrscheinlich, dass dieser seit dem 19. Jahrhundert deutlich zugenommen und den Anstieg der Kohlendioxid-Konzentrationen in erheblichem Maße verursacht hat.ii
Kühlende Wirkung von Aerosolen
Neben großen Mengen Kohlendioxid stößt ein Vulkan bei seinem Ausbruch auch große Mengen schwefelhaltige Gase sowie feste Teilchen aus, die in die Atmosphäre getragen werden. Die vulkanische Asche fällt auf Grund ihrer Größe und Masse schnell aus der Atmosphäre aus und hat somit keinen nennenswerten Einfluss auf das Klima.
Durch die ausgetretenen vulkanischen Gase wird aber auch die Zusammensetzung der Atmosphäre verändert, insbesondere wenn die Gase in höhere Schichten gelangen. Die schwefelhaltigen Gase (SO2 und H2S) werden nach Erreichen der Stratosphäre in gasförmige Schwefelsäure oxidiert. Die Aerosole (= flüssige oder feste Schwebeteilchen in Gas), können sich über Tausende von Kilometern verteilen. Sie nehmen zum einen Wärme auf und erwärmen damit die entsprechenden Luftschichten. Sie reflektieren allerdings auch Sonnenstrahlung, sodass weniger Strahlung an der Erdoberfläche ankommt und sich dort die Temperatur abkühlt.iii
Beeinflussung von atmosphärischen Druckverhältnissen, Meeresströmungen und Ozeanzyklen
Nach verschiedenen Vulkanausbrüchen in den Tropen kam es im zentralen Russland (und auch anderen Teilen der nördlichen Erdhalbkugel) zu einem überdurchschnittlich warmen Winter. Dieser lässt sich auf eine Verstärkung des Temperaturgefälles von den Tropen zu den Polen, insbesondere im Winter, zurückführen. Diese verstärkte den Polarwirbel und den Jetstream, so dass in verstärktem Maße Winde vom nördlichen Atlantik her wehten und warme Meeresluft nach Russland brachten. Die Erwärmung übertraf den von den Aerosolen verursachten Abkühlungseffekt.iv Dies ist ein Beispiel für mögliche Änderungen der Witterung, die allerdings keine beständige Klimaänderung darstellen. Eine solche erfolgt nur, wenn mehrere starke Vulkanausbrüche im Laufe der Jahre aufeinanderfolgen oder wenn es zu einem außergewöhnlich starken Vulkanausbruch kommt.
Wenn die Sonneneinstrahlung auf der Erde und den Ozeanen verringert wird, dann können auch die Meeresströmungen und Ozeanzyklen beeinflusst werden. Die verschiedenen Regionen der Landmassen und Ozeane werden von der Sonne verschieden stark bestrahlt, womit auch die Verringerung der Sonneneinstrahlung unterschiedlich stark ausfällt. Dadurch können sich in der Atmosphäre die Druckverhältnisse ändern und damit auch die Windstärken und -richtungen, Meeresströmungen und Ozeanzyklen. All dies hängt eng miteinander zusammen.v
Ob ein tropischer Vulkanausbruch zur Entstehung eines El Niño (El Niño / Südliche Oszillation; ENSO) führen kann, ist unklar. Nach dem Ausbruch des El Chichón im Jahr 1982 kam es zu einem El Niño, als dessen Folge im äquatorialen östlichen Pazifik die Temperaturen auf Rekordhöhe anstiegen. Allerdings ist durchaus möglich, dass sich der El Niño nur zufällig direkt nach dem Vulkanausbruch gebildet hat.vi
Vulkanausbrüche als Auslöser und Verstärker von Kälteperioden
Im Verlaufe des Holozäns, der gegenwärtigen Warmzeit, die vor etwa 11600 Jahren begann, haben mehrfach Vulkanausbrüche Kälteperioden ausgelöst oder verstärkt. So werden tropische Vulkanausbrüche neben erdbahnbedingten Veränderungen der Stärke der Sonneneinstrahlung und Schwankungen der Sonnenaktivität als Klimaantriebe in Betracht gezogen, die die als „Holozäner Übergang“ bezeichnete Abkühlung Mitteleuropas vor etwa 4000 Jahren verursacht oder verstärkt haben könnten. Auch könnten zufällige (chaotische) Prozesse im internen Klimasystem, vor allem Schwankungen des El Niño, eine Rolle gespielt haben.vii
In der Zeit von 1800 bis 1500 v. Chr. herrschte in Mitteleuropa vergleichsweise kaltes Klima vor. Angesichts der vergleichsweise starken Sonnenaktivität überrascht dieser Befund. Es muss also Klimafaktoren gegeben haben, die eine Abkühlung verursacht haben. Insbesondere ist an eine starke Vulkantätigkeit zu denken, die zur Eintrübung der Atmosphäre geführt haben könnte. Zu nennen sind insbesondere die Ausbrüche des Mount Saint Helens in Nordamerika und des Vesuvs (bei Neapel) gegen 1800 v. Chr. und des Thera-Vulkans auf der griechischen Insel Santorin irgendwann zwischen 1650 und 1520 v. Chr. Insbesondere die Eruption des Thera-Vulkans war heftig und dürfte aufgrund der geringen Entfernung einen starken Einfluss auf das Klima in Mitteleuropa ausgeübt haben.viii
Nach dem „mittelalterlichen Klimaoptimum“ von etwa 900 bis 1250 setzte bereits vor der Wende zum 14. Jahrhundert eine spürbare Klimaverschlechterung ein. Unter Umständen fällt dieser Umschwung mit einer extrem starken Vulkanexplosion (vermutlich der Ätna) zusammen, die um 1260 stattfand und eine Abkühlung verursacht haben dürfte.ix
Und schließlich ist noch die „kleine Eiszeit“ (von etwa 1300/1350 bis 1850) zu nennen. Die erste Kältephase war das 14. Jahrhundert. Die zweite Kältephase folgte folgte 1560 bis 1630. So waren die letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts von bitterkalten und schneereichen Wintern gekennzeichnet, auf die im Frühjahr starke Schneeschmelzen und Hochwasser folgten. In der zweiten Kältephase fielen erhöhte vulkanische Aktivität und schwache Sonnenaktivität zusammen. Ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert ist eine weitere Häufung schwerer Vulkanausbrüche innerhalb weniger Jahrzehnte zu verzeichnen. In diesen Zeitraum fiel auch die dritte Kältephase zwischen 1805 und 1820. Die weltweit zu beobachtenden Auswirkungen des Ausbruchs des Tambora auf Sumbawa (im heutigen Indonesien) von 1815 sind in die Geschichte als das „Jahr ohne Sommer“ eingegangen. 1816 war der kälteste Sommer seit Menschengedenken. Zusätzlich zu den Vulkanen dürfte auch die in dieser Zeit geringe Sonnenaktivität beigetragen haben.x
Unklare Wirkungen unterseeischer Vulkanausbrüchen
Unterseeische Vulkane stellen die Wissenschaft vor besondere Rätsel. Weder ist das ganze Ausmaß der Aktivität unterseeischer Vulkane bekannt, noch lassen sich die genauen Folgen für das Klima ermessen. Wie schwer eine Bewertung ist, zeigt das Beispiel des Ausbruchs des Hunga Tonga – Vulkans im Südpazifik.
Der Hunga Tonga hat vergleichsweise wenig Schwefeldioxid in die Atmosphäre ausgestoßen, dafür aber umso mehr Wasserdampf, der bis in die Stratosphäre gelangte. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass der Ausbruch des Hunga Tonga in den nächsten Jahren zu einer verstärkten Klimaerwärmung führt, zumal die erwärmte Luft der Troposphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann als früher. Sichere Aussagen zu den Wirkungen des Ausbruchs lassen sich jedoch derzeit nicht machen. Zu bedenken ist, dass die Wirkungen regional verschieden sein können.xi
i Vgl. https://www.eskp.de/grundlagen/naturgefahren/zusammensetzung-vulkanischer-gase-935614/ (aufgerufen am 19.07.2023).
ii Stefan Uhlig, Der natürliche Klimawandel. Fakten aus geologischer, archäologischer und astrophysikalischer Sicht, Sargans, Schweiz 2021, 130-133 geht davon aus, dass Vulkanaktivitäten stärker als bisher gedacht zur Erhöhung der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre beigetragen haben Eine Entgegnung findet sich in https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/uebersehen-die-klimatologen-die-vulkanischen (aufgerufen am 19.07.2023).
iii https://www.eskp.de/grundlagen/naturgefahren/zusammensetzung-vulkanischer-gase-935614/ ;https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/uebersehen-die-klimatologen-die-vulkanischen (jeweils aufgerufen am 19.07.2023); Mojib Latif, Klimawandel und Klimadynamik, Stuttgart 2009, 102-105.
iv Vgl. Alan Robock, Volcanic eruptions and climate, Reviews of Geophysics 38/2 (2000), 205-209.214, https://doi.org/10.1029/1998RG000054.
v Vgl. Stefan Uhlig, Der natürliche Klimawandel. Fakten aus geologischer, archäologischer und astrophysikalischer Sicht, Sargans, Schweiz 2021, 132 legt beispielhaft dar, wie sich die Nordatlantische Oszillation (NAO) und damit auch das Klima in Europa ändern kann.
vi Vgl. Alan Robock, Volcanic eruptions and climate, Reviews of Geophysics 38/2 (2000), 210-213, https://doi.org/10.1029/1998RG000054.
vii Vgl. Heinz Wanner, Klima und Mensch: Eine 12‘000-jährige Geschichte, Bern, 2. Aufl. 2020, 132-135. Zu den kulturellen Folgen der Abkühlung siehe Niels Bleicher, Frank Sirocko, Weiträumiger Kulturwandel am Beginn der einsetzenden Abkühlungen Mitteleuropas, in: F. Sirocko [Hrsg.], Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung. Von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert, Darmstadt, 3., durchges. Aufl. 2012, 119-123.
viii Vgl. Heinz Wanner, Klima und Mensch: Eine 12‘000-jährige Geschichte, Bern, 2. Aufl. 2020, 135-142; Frank Sirocko, Geschichte des Klimas, Stuttgart 2013, 129-131; Axel von Berg, Frank Sirocko, Der „Sonnenkult“ der Bronzezeit, in: F. Sirocko [Hrsg.], Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung. Von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert, Darmstadt, 3., durchges. Aufl. 2012, 129-133.
ix Vgl. Frank Sirocko, Geschichte des Klimas, Stuttgart 2013, 139-140;
x Vgl. Frank Sirocko, Geschichte des Klimas, Stuttgart 2013, 144-148; Kurt W. Alt, Frank Sirocko, Die kleine Eiszeit – Leben und Sterben im Schatten klimatischer Extremereignisse, in: F. Sirocko [Hrsg.], Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung. Von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert, Darmstadt, 3., durchges. Aufl. 2012, 170-175. Dass die Jahrhunderte dauernde „kleine Eiszeit“ nicht in erster Linie auf die Vulkanausbrüche zurückgeführt werden kann, machen Fritz Vahrenholt, Sebastian Lüning, Unerwünschte Wahrheiten. Was Sie über den Klimawandel wissen sollten, München, 4. Aufl. 2020, 196-201 deutlich. Vulkanausbrüche hätten zwar über Jahre hinweg einen erheblichen Einfluss auf das Klima, aber nicht über Jahrhunderte.
xi Vgl. https://www.nasa.gov/centers-and-facilities/goddard/tonga-eruption-blasted-unprecedented-amount-of-water-into-stratosphere/; https://www.daswetter.com/nachrichten/wissenschaft/eruption-des-hunga-tonga-und-die-unsicherheit-des-klimatischen-einflusses.html (jeweils aufgerufen am 02.11.2023).