Der Mensch ist keine Maus
Die Ergebnisse von Tierversuchen sind nicht auf den Menschen übertragbar. Auch sind sie aus ethischen Gründen abzulehnen. Deswegen sollen sie nicht verfeinert, reduziert oder ersetzt, sondern ganz abgeschafft werden. Dies ist die Position von Ärzte gegen Tierversuche e. V.
Laut Ärzte gegen Tierversuche e. V. werde behauptet, dass Tierversuche notwendig wären, um die Produkte, die wir benutzen, für uns sicher zu machen und um neue Behandlungsmethoden für kranke Menschen zu finden. Tatsächlich seien Tierversuche aber nicht geeignet, die Wirkung und Gefährlichkeit von Stoffen für den Menschen zu beurteilen.
Ergebnisse aus klinischen Studien, die meist an Menschen mittleren Alters stattfänden, seien nicht auf Kinder oder alte Menschen übertragbar, weiterhin gebe es Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Wenn schon die Übertragung von Ergebnissen von einem Menschen auf einen anderen aufgrund von alters- und geschlechtsspezifischen Unterschieden problematisch sei, wie sollten dann Ergebnisse von Ratten oder Fischen Sicherheit für den Menschen schaffen? Der Mensch unterscheide sich von den verschiedenen Tierarten wesentlich hinsichtlich des Körperaufbaus, der Organfunktionen und der Verstoffwechslung von Substanzen. Die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen auf den Menschen sei daher sehr problematisch.i
Ein generelles Manko der Tierversuchsforschung sei die Tatsache, dass grundlegende Faktoren der Krankheitsentstehung beim Menschen schlichtweg nicht berücksichtigt werden. Die Art und Weise wie wir uns ernähren, welche Lebensgewohnheiten wir haben, ob wir rauchen, Alkohol trinken oder Drogen nehmen, spiele aber eine zentrale Rolle. Auch psychische Faktoren und Stress im Alltag könnten einen wesentlichen Einfluss auf ein Krankheitsgeschehen haben.ii Tierversuche seien aufgrund der methodischen Fehler schlechte Wissenschaft. Sie seien nicht nur nutzlos, sondern schadeten sogar. Sie spiegelten eine Sicherheit wider, die nicht vorhanden sei, und sie hielten, wegen der falschen Ergebnisse, die sie lieferten, den medizinischen Fortschritt nur auf.iii
Zudem seien Tierversuche unmoralisch: Achtung und Respekt vor dem Leben, auch vor dem des Tieres, müsse das wichtigste Gebot, insbesondere auch ärztlichen und wissenschaftlichen Handelns sein. Vor allem dürfe kein Zweck die Mittel heiligen. Selbst wenn Tierversuche einen Nutzen für den Menschen hätten, dürften sie nicht durchgeführt werden, weil es moralisch unzulässig sei, Tiere zu quälen. Tieren müsse ein eigenständiges Grundrecht, d. h. ein Recht auf ein leidensfreies und ihren Bedürfnissen entsprechendes Leben zugestanden werden.iv
Tierversuche seien ein Relikt aus vergangenen Zeiten und müssten abgeschafft werden. Viele Tierversuche, vor allem im Bereich der Grundlagenforschung, könnten und bräuchten nicht einmal ersetzt zu werden. Sie müssten durch ein gesetzliches Verbot ersatzlos gestrichen werden. In vielen Forschungsbereichen, etwa in der Chemikalien- und Medikamententestung, könnten anstelle von Tierversuchen moderne Testmethoden mit menschlichen Zellkulturen, Mikrochips und Computersimulationen eingesetzt werden, deren Ergebnisse im Gegensatz zum Tierversuch auf den Menschen übertragbar seien. Dazu lieferten sozialmedizinische Untersuchungen und Bevölkerungsstudien wertvolle Erkenntnisse mit dem Ziel, die krankmachenden Ursachen in Lebensweise und Umwelt zu beseitigen. Nur auf diese Weise ließen sich wirklich Fortschritte in der Medizin erzielen.v
Angesichts der schlechten Ergebnisse der Tierversuche und der Überlegenheit der tierversuchsfreien Methoden stelle sich die Frage, warum immer noch so viele Tiere in Versuchen sterben müssen. Bei vielen Tierversuchen gehe es in erster Linie um die Befriedigung wissenschaftlicher Neugier. Ziel sei es, einen weiteren Artikel in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichen, mit dem der Experimentator Forschungsgelder akquirieren könne, um neue Tierversuche zu machen. Ein sich selbst erhaltendes System ohne Sinn und Nutzen. Ein weiteres Problem sei die mangelnde finanzielle Förderung der tierversuchsfreien Forschung sowie langwierige Anerkennungsverfahren, die den Einsatz von tierversuchsfreien Methoden verzögerten oder gar verhinderten. Für die Pharmaindustrie schließlich hätten Tierversuche eine Alibifunktion. Wenn mit einem Medikament etwas schief gehe, könne der Hersteller auf die durchgeführten Tierstudien verweisen, in denen die Nebenwirkungen nicht aufgetreten waren, und so seine Hände in Unschuld waschen.vi Die Pharmaindustrie gehöre ebenso wie die chemische Industrie, die Experimentatoren, die Universitäten, die Auftragslabors, die „Versuchs“tierhändler und die Firmen, die Käfige und anderes Zubehör herstellen, zu einem weit verzweigten Netz einer mächtigen Industrie, die vom Tierversuch profitiere und deren Abschaffung verhindere. Politik und Medien seien von diesem Netz durchzogen.vii
i Ärzte gegen Tierversuche e. V. [Hrsg.], Woran soll man denn sonst testen? Moderne Forschungsmethoden ohne Tierversuche, 2016, 3.5.
ii Ärzte gegen Tierversuche e. V. [Hrsg.], Der Mensch ist keine Maus. Falsche Versprechungen der tierexperimentellen Forschung, 2016.
iii Ärzte gegen Tierversuche e. V. [Hrsg.], Woran soll man denn sonst testen? Moderne Forschungsmethoden ohne Tierversuche, 2016, 6-7.
iv Ärzte gegen Tierversuche e. V. [Hrsg.], Woran soll man denn sonst testen? Moderne Forschungsmethoden ohne Tierversuche, 2016, 4.
v Ärzte gegen Tierversuche e. V. [Hrsg.], Winterschlaf hilft gegen Alzheimer und andere Absurditäten aus der Tierversuchsforschung, 2014.
vi Ärzte gegen Tierversuche e. V., Versuche an Katzen. Grausam und sinnlos, 2016.
Ärzte gegen Tierversuche e. V., Woran soll man denn sonst testen? Moderne Forschungsmethoden ohne Tierversuche, 2016, 23.
vii Corina Gericke, Was Sie schon immer über Tierversuche wissen wollten. Ein Blick hinter die Kulissen, 3., aktual. Aufl., Göttingen 2015, 41.