Es ist umstritten, in welchem Maße die außergewöhnlich starke und schnelle Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte auf natürliche Ursachen wie verstärkte Sonnenaktivität zurückgeführt werden kann. Beobachtungen wie die Abkühlung und Schrumpfung der Stratosphäre bei gleichzeitiger Erwärmung und Ausdehnung der Troposphäre weisen darauf hin, dass die Klimaerwärmung nicht vollständig oder vorrangig natürlich verursacht ist. Insofern haben wir davon auszugehen, dass sogenannte Treibhausgase in erheblichem Maße zur Klimaerwärmung beitragen.

Angesichts dieses Sachverhalts stellt sich die Frage, welches das Treibhausgas ist, welches am stärksten zur Klimaerwärmung beiträgt. Die Treibhausgase werden vom Kyoto-Protokoll (1997 angenommen, 2005 in Kraft getreten), mit dem die internationale Staatengemeinschaft erstmals eine absolute und rechtlich bindende Begrenzung des Ausstoßes von Treibhausgasen in einem völkerrechtlichen Vertrag verankert hat, genannt: Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) sowie die fluorierten Treibhausgase (F-Gase). Zu letzteren gehören wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW), und Schwefelhexafluorid (SF6). Seit 2015 wird Stickstofftrifluorid (NF3) zusätzlich einbezogen.i

Wenn wir herausfinden wollen, ob Kohlendioxid der Klimakiller Nr. 1, dann müssen wir auch herausfinden, ob Kohlendioxid das Treibhausgas ist, das am stärksten zur Klimaerwärmung beiträgt. Dem Vergleich der Klimawirkung der einzelnen Treibhausgase dient das CO2-Äquivalent, mit dem sich auch der gesamte Treibgasausstoß und dessen Klimawirkung berechnen lässt. Es ist festzuhalten, dass sich eine grundsätzliche Aussage zur Klimawirkung von Treibhausgasen nicht machen lässt, denn es ist zwischen der momentanen Klimawirkung und der Klimawirkung über einen bestimmten Zeitraum hinweg zu unterscheiden. Ein Treibhausgas kann zu einem bestimmten Zeitpunkt stark zur Klimaerwärmung beitragen, sich aber in der Atmosphäre schnell abbauen und umgekehrt.

Das Treibhauspotenzial

Ein Weg, um die Klimawirkung der Treibhausgase zu vergleichen, ist das Konzept des Treibhauspotenzials (englisch: Global Warming Potential, GWP). Das Treibhauspotenzial drückt aus, wie stark ein Treibhausgas zur Klimaerwärmung beiträgt. Dabei wird das Treibhauspotenzial der verschiedenen Treibhausgase stets im Vergleich zum Treibhauspotenzial von Kohlendioxid ermittelt, und zwar auf einen bestimmten Zeitraum betrachtet. Die Sachstandsberichte des Weltklimarats legen einen Zeitraum von 100 Jahren zugrunde. Dass das Treibhauspotenzial eines Treibhausgases durch einen Vergleich (mit Kohlendioxid) ermittelt wird, drückt die Formulierung „relatives Treibhauspotenzial“ aus.

Die Einheit, mit der die Klimawirkung eines Treibhausgases ausgedrückt wird, wird als „CO2-Äquivalent (=Kohlendioxid-Äquivalent)“ bezeichnet (vom lateinischen „aequus“ = „gleich“ und „valere“ = „wert sein“). Dass der Vergleich mit Kohlendioxid erfolgt, liegt darin begründet, dass Kohlendioxid in der Atmosphäre das Treibhausgas mit dem größten Volumenanteil ist.ii

Berechnung von CO2-Äquivalenten

Es gibt zwei Möglichkeiten, die CO2-Äquivalente zu ermitteln. Die erste Möglichkeit ist die Ermittlung des momentanen CO2-Äquivalents. Bei der zweiten Möglichkeit wird die Verweildauer des Treibhausgases in der Atmosphäre einbezogen.

Die momentane Klimawirkung wird meist in der Einheit CO2e angegeben, Hat ein Kilogramm Gas beispielsweise die gleiche Treibhauswirkung wie zwei Kilogramm Kohlenstoffdioxid, so liegt sein CO2-Äquivalent bei 2 kg CO2e.

Bei Berücksichtigung der Verweildauer des Treibhausgases lautet die Einheit CO2eq. Baut sich ein Treibhausgas in der Atmosphäre schneller ab als Kohlendioxid, dann erhöht sich das CO2-Äquivalent, wenn der Zeitraum verkleinert wird. Ist die Klimawirkung eines Treibhausgases über 100 Jahre gesehen zehnmal so groß wie bei Kohlendioxid, dann beträgt das CO2-Äquivalent bei einem Kilogramm dieses Treibhausgases über 100 Jahre gesehen 10kg CO2eq. Verringert man die Zeitspanne auf beispielsweise 20 Jahre, dann kann das CO2-Äquivalent beispielsweise 30kg CO2eq betragen. Das bedeutet dann, dass die Klimawirkung eines Kilogramms des Treibhausgases auf 20 Jahre gesehen der Klimawirkung von 30 Kilogramm Kohlendioxid entspricht. Die Klimawirkung ist auf 20 Jahre gesehen also 30mal höher als diejenige von Kohlendioxid. Der Weltklimarat benutzt in seinem Sachstandsbericht die englische Abkürzung GWP. Und weil er stets die Zeitspanne 100 Jahre zugrunde legt, handelt es sich immer um GWP100. Ein Treibhausgas, das über eine Zeitspanne von 100 Jahren zehnmal so stark das Klima aufheizt wie Kohlendioxid, hat einen GWP100 von 10.iii

Berechnung des Ausstoßes von Treibhausgasen und von deren Klimawirkung

Der natürliche Treibhauseffekt bewirkt, dass wir auf der Erde optimale Lebensbedingungen haben: Es ist nicht zu warm und auch nicht zu kalt, so dass sich das Leben optimal entwickeln kann. Der natürliche Treibhauseffekt wird durch Gase in der Atmosphäre bewirkt, allerdings nicht durch alle. Er wird nur durch diejenigen Gase bewirkt, deren Moleküle in der Lage sind, Wärme aufzunehmen. Ozon beispielsweise gehört nicht dazu. Ozon hält vielmehr schädliche ultraviolette Strahlung zurück, die von der Sonne ausgeht. Diejenigen Gase, deren Moleküle in der Lage sind, Wärme aufzunehmen, werden „Treibhausgase“ genannt. Nimmt ihr Anteil in der Atmosphäre zu, dann wird der natürliche Treibhauseffekt verstärkt und es wird auf der Erde wärmer. Das kann für das Leben auf der Erde dramatische Folgen haben, auch wenn der Temperaturanstieg „nur“ wenige Grad beträgt.

Die Klimawirkung der Treibhausgase ist jedoch unterschiedlich. Um diese vergleichbar zu machen und den gesamten Ausstoß von Treibhausgasen zu berechnen, bedient man sich des CO2-Äquivalents. Der Weltklimarat verwendet die Abkürzung GWP. Um die gesamte Klimawirkung der Treibhausgase zu berechnen, wird die gesamte Menge der einzelnen Treibhausgase mit dem GWP der einzelnen Treibhausgase multipliziert. Bei Kohlendioxid beträgt das GWP 1. Das ist der Referenzwert. Bei den anderen Treibhausgasen liegt er höher oder niedriger, je nachdem, ob ihre Klimawirkung stärker oder schwächer ist.

So kann beispielsweise der gesamte Treibhausgas-Ausstoß eines Landes – nehmen wir Deutschland – in einem bestimmten Jahr – nehmen wir 2018 – berechnet werden. Im Jahr 2018 hat Deutschland 760 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Wenn man allerdings auch die anderen Gase mit einbezieht, sind die Gesamtemissionen des Landes mit 854,4 Millionen Tonnen CO2e viel höher. Bei dem Gesamtausstoß aller Treibhausgase wird nicht von „CO2“ gesprochen, sondern von „CO2e“, um deutlich zu machen, dass es nicht nur um den Ausstoß von Kohlendioxid geht, sondern um den Ausstoß aller Treibhausgase. Außerdem geht es nicht um das Gesamtgewicht aller Treibhausgase, sondern um die Klimawirkung. „854,4 Millionen Tonnen CO2e“ bedeutet also nicht, dass alle Treibhausgasse zusammen genommen 854,4 Millionen Tonnen wiegen, sondern dass die Klimawirkung aller Treibhausgase zusammen genommen derjenigen von 854,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid entspricht.iv

Klimaneutrale Produktion

Auf manchen Produkten findet sich das Etikett „klimaneutral“. „Klimaneutral“ bedeutet genau genommen nicht, dass der Hersteller den Treibhausgas-Ausstoß kompensiert hat, sondern dass durch den gesamten Herstellungsprozess samt Verpackung und Transport die Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre nicht erhöht wurde.

Bei der Kompensation wird die ausgestoßene Menge an Treibhausgas durch die finanzielle Unterstützung eines Umweltprojektes, das weltweit zur Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes beiträgt (z. B. durch Solarkocher oder das Pflanzen von Bäumen), gleichsam wettgemacht. Allerdings bleibt der Ausstoß von Treibhausgasen bestehen. Die Kompensation mit dem Etikett „klimaneutral“ zu versehen, ist also eine Art Greenwashing: Das Produkt erscheint klimafreundlicher als es in Wirklichkeit ist.

Ein Produkt wirklich klimaneutral herzustellen und zu vertreiben, ist äußerst schwierig. Es muss für die Herstellung eine äußerst umweltfreundliche Energiequelle verwendet werden und bei dem gesamten Herstellungsprozess samt Verpackung und Transport dürfen keine Treibhausgase ausgestoßen werden. Sollten doch Treibhausgase ausgestoßen werden, müssen diese durch ein technisches Verfahren irgendwie wieder der Luft entzogen werden. Wirkliche Klimaneutralität lässt sich nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge kaum bewerkstelligen. Daher muss es das erste Ziel sein, den Ausstoß an Treibhausgasen deutlich zu reduzieren oder einzelne Schritte des Herstellungsprozesses klimaneutral zu gestalten.v

Ein einheitliches, staatliches Klimasiegel gibt es (Stand Mai 2023) nicht. Es gibt nur eine Vielzahl freiwilliger Klimasiegel, mit denen sich die Verbraucher konfrontiert sehen. Ein Teil der Klimasiegel wird von unabhängigen Organisationen vergeben, ein Teil wurde von den Unternehmen selbst entwickelt. Die Überprüfung der Klimasiegel erfolgt durch externe Stellen. Klimasiegel können eine Kompensation des Treibhausgas-Ausstoßes beglaubigen, aber auch eine Vermeidung. Die Berechnungsgrundlage des Treibhausgas-Ausstoßes unterscheidet sich von Siegel zu Siegel; auch unterscheiden sich die Qualitätsvorgaben für die unterstützten Klimaschutzprojekte. Die Klimasiegel sind also kaum vergleichbar, nicht transparent und somit nur begrenzt aussagekräftig und vertrauenswürdig.vi

i Vgl. https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/treibhausgas-emissionen/die-treibhausgase (aufgerufen am 16.05.2023).

ii Vgl. https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/treibhausgas-emissionen/die-treibhausgase; https://www.wetter.de/cms/wetterlexikon-treibhauspotential-4517012.html (jeweils aufgerufen am 24.05.2023).

iii Vgl. https://www.net4energy.com/wiki/co2-%C3%A4quivalent (inzwischen entfernt); https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/treibhausgas-emissionen/die-treibhausgase (jeweils aufgerufen am 24.05.2023).

iv Vgl. https://www.coolerfuture.com/blog-de/co2-aquivalent (aufgerufen am 24.05.2023, inzwischen entfernt).

v Vgl. https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/klimaneutral-was-bedeutet-das-eigentlich/ (aufgerufen am 24.05.2023).

vi Vgl. https://www.duh.de/themen/verbraucher/verbrauchertaeuschung/klimaneutral/; https://www.vzhh.de/themen/lebensmittel-ernaehrung/ernaehrungstrends/klimalabel-was-sagst-du-mir; https://www.lebensmittelklarheit.de/news/marktcheck-klimalabel-bieten-wenig-orientierung (jeweils aufgerufen am 24.05.2023).